Selbstkontrolle beim Montessori-Material. Fluch oder Segen?
Die Gelehrten sind sich nicht einig. Für uns ist die Selbstkontrolle aus den folgenden 8 einfachen Gründen wichtig und notwendig:
1. Die Freiheit der eigenen Zeit
Die Selbstkontrolle ermöglicht es dem Kind, ganz nach seinen Bedürfnissen mit dem Faktor Zeit umzugehen. Manche Kinder brauchen für ein Material 10 Minuten – andere 1 Stunde und mehr. Beides ist in Ordnung! Durch die Selbstkontrolle ist das Kind zeitlich unabhängig vom Lehr- und Lernpersonal.
2. Sicherheit der Aufgabenstellung
Manchmal versteht man die gestellte Aufgabe nicht gleich oder nicht vollständig. Spätestens bei der 3. Nachfrage kommt man sich schon als Erwachsener ein bisschen „blöd“ vor. Mit der Eigenkontrolle nach Motessori prüft man somit nicht nur sein eigenes Tun, sondern auch ob die Aufgabenstellung richtig verstanden wurde.
3. Fehler als Lernquelle
Fehler zu machen ist nicht schlimm, besonders wenn man diese durch eigenes Kontrollieren wieder verbessert. Den Kindern wird damit der Schrecken des – wenn auch nur gefühlt – erhobenen Zeigefingers der Lehrkraft genommen. Zusätzlich bleibt die selbsttätige Korrektur des Fehlers besser im Gedächtnis.
4. Bewertungsfrei lernen
Sich selbst zu überprüfen führt i.d.R. dazu, dass bei falschem Arbeitsergebnis eine Eigenabwetung im Sinne von „Ich bin zu schlecht“/“Ich kann das eh nie“ etc. ausbleibt und die Motivation nicht sinkt. Das Ergebnis wird einfach objektiv als „nicht richtig“ angesehen. So fällt es leichter, sich auf Fehlersuche und -behebung zu begeben („Was genau habe ich gemacht, auf dass ich zu diesem falschen Ergebnis kam“), was einen voranbringenden Lernprozess in Gang setzt. Bei Rechenaufgaben kann so z.B. auch anhand des korrekten Ergebnisses auf der Kontrollkarte „rückwärts“ gearbeitet werden, d.h. das Kind kann sich selbst erschließen, wie gerechnet werden muss, um auf dieses Ergebnis zu kommen. Diese Erkenntnis kann dann auf die nächste Rechnung mit gleichem Rechenweg übertragen werden. So nimmt die Erfolgskontrolle die Last einer evtl. Bewertung. Ohne notenmäßige Bewertung entfällt auch der in die Zahlen 1 – 6 gepresste Notendruck.
5. Lösungswege statt Ergebnisse
Veranschaulicht man sich das Ziel einer jeden Lernaufgaben, dann kommt einem zuerst die Lösung als Ziel ins Gedächtnis. Nur ist dem nicht so. Richtig gelernt hat man, wenn man den Lösungsweg für sich verstanden hat. Natürlich dauert das ein bisschen länger, dafür funktioniert dieser bei gleichen Voraussetzungen immer. Lernen nach Montessori ist nicht Ergebnisse zu lernen, sondern Lösungswege zu verinnerlichen und diese mit der Selbstkontrolle zu prüfen. So lernen Kinder bereits in jungen Jahren eine wissenschaftliche Herangehensweise an Aufgabenstellungen. So meistern sie immer wieder gerne auch neue Herausforderungen.
6. Montessori-Materialien ohne Selbstkontrolle
Natürlich gibt es auch Montessori-Materialien, die aus rein mathematischen, technischen oder naturwissenschaftlichen Gründen keine Selbstkontrolle haben können. Das sind z.B. Materialien wie die Wärmeleittäfelchen. Hier legt Maria Montessori die Kontrolle tatsächlich in die Hände eines Begleiters. Dies kann eine Lehrkraft, ein Erzieher oder auch ein Mitschüler sein. Wichtig dabei ist, dass der Prüfende behutsam und mit Augenmaß prüft. Im ersten Schritt empfiehlt es sich, die Übungen und das damit richtige Endergebnis vorzuarbeiten und dem Kind so den Lösungsweg aufzuzeigen.
7 . Erfolgskontrolle durch Aufgabenkarten
Einige wichtige Montessori-Materialien, wie z.B. das goldene Perlenmaterial oder die geometrischen Körper, verfügen über keine materialeigene Selbstkontrolle. Hier hilft man dem Kind mit einer Arbeitskartei, die als Selbstkontrolle dient. Die Aufgabenstellung zeigt sich auf der Vorderseite der Karte. Die Rückseite zeigt die korrekte Lösung als Kontrolle.
8. Schummeln hilft bei Montessori nichts
Viele Kinder wissen zwar, dass sie mit der Selbstkontrolle schummeln könnten. Sie wissen aber auch, dass es ihnen nichts bringt. Vielmehr erleben die Kinder bei der Arbeit mit dem Montessori-Material einen „Flow“ – es läuft – Aufgabe für Aufgabe immer weiter. So ein „Flow“ macht glücklich – warum sich dann noch selbst beschummeln?