Wie der Weg vom Montessori-Material zum abstrakten Denken bzw. Rechnen funktioniert

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abstrakter werdendes Montessori-Material

Kinder lernen sehr gerne mit der Unterstützung von anschaulichem Material. Es ist fassbar (senkt evtl. Hemmschwellen bzw. baut Ängste ab) und macht den Lerninhalt besser verständlich.

Dadurch, dass das eigentliche Rechnen zunächst außerhalb des Kopfes stattfindet, ist der Arbeitsspeicher im Gehirn genug entlastet, um den Rechenvorgang bzw. die dahinter steckenden mathematischen Strukturen zu erkennen und zu verstehen. Nun sind aber oft die Bedenken groß, dass sich das Kind an diese Unterstützung gewöhnt und dadurch nie ohne Hilfsmittel rechnen können wird.
Dies wäre nur der Fall, wenn das Material als eine Art Dauerkrücke benutzt wird, d.h. das Kind bekommt (ohne vorherige gute Anleitung und Einführung) das Material einfach an die Hand und rechnet (irgendwie) drauf los. Genau das soll mathematisches Montessori-Material allerdings nicht sein! Es soll nicht abhängig machen, sondern Freiheit und Selbstständigkeit schenken! Es dient als Unterstützung dazu, mathematische Vorgänge und Rechenwege (was genau passiert) sichtbar und für das Kind absolut nachvollziehbar zu machen. Es soll dem Kind Einsicht in mathematische Strukturen ermöglichen, so dass mathematisches Denken entstehen kann. Durch das handelnde Rechnen wird die mathematische Operation besser verinnerlicht und die mathematischen Vorgänge können besser vorgestellt werden. Die zwei Pole des Rechnens bilden das handelnde Rechnen (der Rechenvorgang findet mit Material auf dem Tisch/Boden statt) und das abstrakte Rechnen (der Rechenvorgang findet im Kopf bzw. auf dem Arbeitsblatt statt). Den Übergang bildet das parallele Arbeiten mit Material (handeln) und Arbeitsblatt (notieren).

Das Material soll eine Brücke bauen vom sicht- und fassbaren Material zum Rechnen im Kopf und das Kind vom Tun (Material) hin zum Arbeitsblatt (Kopf) begleiten. Hier endet die Unterstützung und die Wege von Kind und Material trennen sich wieder. Wurde das Material vorher voranbringend eingesetzt, kommt das Kind nun auch ohne aus, da es jetzt in der Lage ist, die Rechenoperationen im Kopf durchzuführen. Rechnen mit Material dauert viel länger, als wenn (bei entsprechendem Können) im Kopf bzw. auf dem Blatt gerechnet wird. Somit kommen die meisten Kinder sowieso von selbst vom Material weg – vorausgesetzt natürlich, die entsprechenden Grundlagen hierzu sind vorhanden.
Ein Kind bleibt nur dann beim Material-rechnen (aber auch beim Mit-den-Fingern-abzählen etc.) wenn die mathematischen Vorgänge nicht durchschaut und verstanden wurden bzw. später (wenn in größeren Zahlenräumen gerechnet wird) wenn Grundlagen (z.B. Verbindung Zahl-Menge, Zahlenzusammensetzung im ZR 10, Zahlennachbarn, etc.) fehlen. Diese Grundlagenfähigkeiten müssen ausreichend gefestigt sein, um vom rein handelnden Rechnen (konkret, anschaulich) über die Verbindung von handelndem und schriftlichem Rechnen (gleichzeitiges Arbeiten mit Material und Arbeitsblatt oder Heft), zum rein schriftlichen Rechnen (abstrakt) zu gelangen.

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2 Antworten zu Wie der Weg vom Montessori-Material zum abstrakten Denken bzw. Rechnen funktioniert

  1. Hannes Schinderhannes sagt:

    Das Wahrnehmen/ Denken / Rechnen findet zunächst außerhalb des Kopfes statt….
    Eine ganz neue Anthropologie und Lernpsychologie!
    Oh, da steh ich ja neben mir, gerate außer mir.
    Wofür brauch ich dann Material zur Sinneserziehung?
    Schlage vor, diesen Beitrag rasch zu löschen und in Beratung zu gehen!
    Und dem Montessori-Material höflich das Sie anbieten.
    „Seit mehr als 10 Jahren mit der Montessori-Pädagogik und den Montessori-Materialien auf Du und Du.“

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